Ein guter Vater sein: Das Geheimnis
Es gibt ein Leben vor der Trennung und eines danach. Das vor der Scheidung war in meinem Fall geprägt von Arbeit. Und Arbeit und Familie. So stark, dass ich einiges verpasste: Meine Frau, die nach 20 Jahren plötzlich zur Ex-Frau wurde, meine beiden Kinder und vor allem mich selber. Ich war mit Sicherheit keiner der abwesenden Väter, wie sie mir in den Männer-Trainings regelmässig begegnen: Meine Arbeit erlaubte es mir, auch tagsüber immer wieder kurz bei der Familie zu sein. Das war gut. Nicht gut war, dass ich während 20 Jahren so vom Job absorbiert war, dass ich selten geistig und mit ganzem Herzen voll präsent war: Nicht in der Begegnung mit meiner Frau und oft nicht im Spiel und Zusammensein mit meinen Kindern. Die Omnipräsenz von Gästen, Mitarbeitenden und vielen spannenden Projekten war in meinem Kopf so intensiv, dass ich kaum abschalten konnte. Das stresste mich jedoch keineswegs: Ich liebte meinen Hotel-Job über alles. Und meine Frau und meine Kinder, so wie ich es damals halt konnte. Rückblickend hatte dieses Abwesend sein jedoch grosse Auswirkungen auf mein Vater sein. Und auf mein Partner sein. Und auf mein eigenes Mann sein.
Zu mir selber finden
Sie erwischte mich dann auch, die Midlife-Crisis. Die Trennung warf mich aus der Bahn, mindestens einen Teil von mir: Der Business-Mann blieb unerschütterlich auf dem Geleise, der Job gab Halt und lenkte ab. Der Privat-Mann kam allerdings ins Straucheln. 5 Jahre, 100 Bücher und 10 Selbsterfahrungs-Seminare später hatte ich einiges über mich und das, was war, in Erfahrung gebracht und gelernt: Meine Herkunftsfamilie hat grosse Auswirkungen auf mich als Mann, Partner und damit auch als Vater. Plötzlich entdeckte ich neben meinem ausgeprägten Kopf- auch meinen Herzverstand. Und ja, da gibt es Gefühle in mir, die ich immer besser wahrnehmen und ausdrücken kann. Weiter gibt es ein Leben ausserhalb vom Job, das es unbedingt auch in vollen Zügen zu geniessen gilt. Und: Wache Präsenz in der Begegnung mit Menschen und schlussendlich auch mit mir selber ist ein Schlüssel für beglückendes Zusammensein. Das habe ich auch gelernt.
Das Geheimnis
Es hat meine Krise gebraucht, um all das zu ergründen und zu erfahren. Ohne Leidensdruck ist mann leider in der Regel nicht dazu bereit, selber in Bewegung zu kommen. Spannend, dass irgendwie mein Selbstfinden auch Auswirkungen auf meine Kinder hat: Immer wieder gibt es überraschend tiefgründige Gespräche über persönliche Lebensthemen, berufliche Herausforderungen, Partnerschaft, Sexualität, Gott und die Welt, wie ich es mir nie hätte träumen lassen. Sie kommen und suchen Rat bei mir, wenn es in ihrem Leben holpert. Irgendwie ist es mir gelungen, beide in ihr Erwachsenenleben zu entlassen, sie freizugeben und trotzdem da zu sein, wenn sie mich brauchen und auch einfach so. Jetzt als ebenbürtige erwachsene junge Menschen, die auf ihrem eigenen Weg unterwegs sind.
Spannend auch, dass mich mein eigener Weg über eine Sabbatical-Reise durch neun Länder zum Achtsamkeits-Trainer geführt hat: Dort geht es um genau diese Präsenz, um das Hier und Jetzt. Das gelingt mir um Welten besser als im alten Leben. Es ist beglückend, meinen Kindern und meinen Mitmenschen viel präsenter zu begegnen als früher: Da gibt es gerade nichts anderes das wichtig ist, als diese eine Begegnung. In der schnellen und immer mehr digitalisierten Welt ist das ein Geschenk, das wir bei jedem Zusammentreffen mit einem Menschen selber neu auspacken können und für das wir ganz alleine verantwortlich sind.
Bist du Vater? Willst du «Das Geheimnis für gutes Vater sein» in einem Satz wissen? Ich verrate es dir: «Lerne präsent sein.» Nicht immer, aber immer wieder. In diesen kostbaren Momenten gibt es nur dich und dein Kind. Sonst nichts. Übe. Jetzt!