Männerfreundschaften: Warum sie für Männer wichtig sind!
Ich war gerade in Deutschland, bei einem Männer-Treffen: 5 Männer, mit denen zusammen ich vor ein paar Jahren ein längeres Persönlichkeits-Training absolvierte. Das schweisste uns so stark zusammen, dass wir uns seither mindestens zweimal jährlich treffen. Obwohl wir völlig zerstreut wohnen und leben. Im Zentrum der Begegnungen steht ein einfaches Ritual: Wir erzählen uns unsere Geschichten. Darüber, was wir in der Zwischenzeit erlebt haben, was uns umtreibt, wir teilen Freuden und Nöte. Einer erzählt, die anderen hören präsent zu, ohne zu unterbrechen. Nach der Geschichte spiegeln die Zuhörenden, was sich während der Erzählung in ihnen bewegte, auf was sie reagieren.
Genügend Zeit für dich?
Im letzten Blog fragte ich dich, wie dein täglicher Zeitplan aussieht: Womit füllst du deine Lebenszeit? Warst du auch überrascht, wie wenig Zeit schlussendlich für dich selber übrig bleibt? Das Leben soll nach neusten Trendmeldungen noch schneller werden… Um so mehr müssen nicht nur wir Männer uns rüsten, mit der verbleibenden Zeit sorgfältig umgehen und diese raren Stunden erfüllend gestalten! Eine Möglichkeit dazu, sind Freundschaften. Gibt es bei dir ein regelmässiges Zeitfenster für Freundschaften, für andere Männer? Für Zeiten, ganz ohne Frauen? Mir gibt das Zusammensein mit mir vertrauten Männern Kraft, Mut, Wegweisung, diese Zeiten wirken inspirierend. Und ich kann viel lernen. Es wirkt zudem unter Männern − ohne zu werten − eine ganz andere Energie und eine andere Qualität, als in gemischten Gruppen. Ich erlebe jedesmal neu: Da gibt es ein paar Menschen auf dieser Welt, mit denen ich über alles sprechen und austauschen kann. Männer, auf die ich mich verlassen kann. Männer, denen ich vertrauen darf.
Freundschaft ist nicht gleich Freundschaft
Wie entstehen Freundschaften, die über das Kumpelhafte hinausgehen? Verbindungen, die halten, Stürme überstehen und immer wieder auch in die Tiefe gehen? Wie kann ich eine Männer-Beziehung finden, in der ich mich immer mehr zeigen kann, wie und wer ich bin? Ohne Angst zu haben, verlassen oder ausgeschlossen zu werden?
Ich habe dazu einige Freunde um ihre Antworten auf folgende Fragen gebeten:
1. Welche drei Eigenschaften zeichnen einen wahrhaften Freund aus?
Für Peter ist es die Beständigkeit, die auch in schwierigen Zeiten anhält. Und es gibt keine Tabuthemen. Albert schreibt: Mein bester Freund ist für mich ein «unbequemes Ruhekissen». Er schont mich und hält zu mir, wenn ich verletzt bin, er fordert mich heraus und spart nicht mit Kritik, wenn ich stark genug bin, sie annehmen zu können. Und er ist so herzensklug, dass er weiss, was wann angebracht ist. Und für Horst sind es Werte wie Aufmerksamkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen und Hilfsbereitschaft.
2. Wie entstehen Freundschaften, die über das Kumpelhafte hinausgehen?
Albert sieht es so: Eine tiefe Freundschaft entsteht, wenn das DU gegenüber dem ICH an Bedeutung gewinnt, und sie lebt von viel Arbeit. Für Markus war und ist es immer ein Gefühl und er denkt, dass dies das Geheimnis ist: Man entscheidet nicht mit oder aus dem Kopf, sondern aus der Gefühls-Ebene. Urs antwortet: Aus einer Begegnung entsteht das vertraute Gefühl zu einer Person. Durch gemeinsame Erlebnisse (Sport, Outdoor-Aktivitäten, Kultur, Ausgang) wird das Vertrauen gestärkt. Und mit der Zeit wird das Vertrauen bestätigt.
3. Was ist dir an einer Freundschaft am Wichtigsten?
Die Freundschaft entwickelt sich weiter, so wie die Freunde sich auch verändern. So erlebt es Peter. Und Markus antwortet, dass Freundschaft keine Einbahnstrasse ist, sondern ein Geben und Bekommen, ein Führen und Geführt werden. Für Horst zählt die gemeinsame Zeit, ein guter Zuhörer als Gegenüber, Grenzen die respektiert werden, über alles Reden können. Und ein wahrer Freund sei da, wenn es schlecht läuft.
Vielleicht helfen dir diese Impulse zu überprüfen, welche Wünsche du in Bezug auf Freundschaft hast. Und in welcher Beziehung du heute zu anderen Männern stehst. Ich füge dazu noch zwei Gedanken an:
1. Angst vor Schwäche zeigen, Weichheit oder sogar Homosexualität verhindern oft, dass sich zwei Männer näher kommen können. Dabei verpassen sie ganz viel.
2. Und genau darin liegt ein Geheimnis: Mach mal den Versuch und öffne dich deinem Freund gegenüber − etwas mehr als bisher. Zeig dich, erzähle, was dich berührt, beschäftigt, umtreibt. Solche Öffnung wird über kurz und lang dazu führen, dass sich auch dein Freund dir gegenüber mehr öffnen wird. Dadurch entsteht eine Wechselwirkung, über die du staunen wirst. Und falls du in Partnerschaft lebst, hat dies den guten Effekt, dass sich automatisch auch der Austausch mit deiner Frau, mit deinem Partner mehr und mehr verändern wird. Etwas, das sich zumindest die meisten Frauen wünschen.
Wie findet man einen wahrhaften Freund?
Blicke ich in meinem Leben zurück, wünschte ich mir mehr oder weniger bewusst während Jahren einen Freund, mit einer Beziehung, die über das Oberflächliche hinaus geht. Ich gab diesem Wunsch aber nicht genügend Raum, meinte, dass ich neben Job und Familie dafür nicht genügend Zeit hätte. Ich glaube, entscheidend war der Moment, wo ich mich öffnete, wo ich mir dem Wunsch, dem Bedürfnis und der Wichtigkeit bewusst wurde. Und bereit war, dafür auch Zeit einzusetzen. Ohne mein Zutun und unerwartet begegnete ich zuerst einem Mann, der über drei Stunden entfernt lebt. Seit dem ersten Treffen verbindet uns etwas, das sich im Laufe der Jahre zu einer tiefen Freundschaft entwickelte, die uns trotz der Distanz in regelmässigen Kontakt führt: mit Zeiten, die wir gemeinsam verbringen, mit Reisen und mit wöchentlichen Online-Treffen.
Es dauerte ganze 40 Jahre, bis ich diese neue Art von Männer-Freundschaften entdeckte. Heute habe ich das grosse Glück, dass ich auch in meiner Wohnregion mehrere echte Freundschaften geniessen und erleben darf. Und dann gibt es diese Männergruppe, deren Bindung so stark ist, dass wir regelmässig in Kontakt stehen, uns treffen, besuchen und austauschen.
Ein einziger wahrer Freund ist besser als keiner. Wie erlebst du das? Spannend, wenn du dich mit deinem Kommentar zum Thema «Freundschaft» einbringst!