Mannwerden in der Manngeburt
Gastbeitrag vom Männer-Blogger Ruedi Mumenthaler
Männerherz trifft Männerwelten: Das war eine wunderbare Begegnung mit Hannes Hochuli, der seit Sommer 2016 das Blog Männerwelten betreibt. Wie viele Parallelen und Anknüpfungspunkte gab es da für unseren ersten Austausch! Konkret ging es um ein neues Angebot, nämlich die Manngeburt. Wir waren uns einig, dass der Begriff für Schweizer (Männer)Ohren ziemlich krass klingt. Aber ich musste nicht gross überzeugt werden, wie wichtig und sinnvoll dieser Prozess der Mannwerdung ist.
2018 findet die erste «Manngeburt Schweiz» statt. Stefan Wolff begleitet 12 Männer durch diese moderne Männer-Initiation, die er bisher in Bayern durchgeführt hat, jetzt erstmals in der Schweiz. Ich habe mir das Konzept erläutern lassen und Stefan Wolffs Buch „Wie Phönix aus der Asche: Kraft-Rituale für Männer“ gelesen – und finde es sehr spannend. Männer werden im Verlaufe von 6 Wochenenden mit den Archetypen (Liebhaber, Magier, Krieger, König) und ihren Schattenseiten konfrontiert und auf eine Visionssuche vorbereitet, die den Abschluss der eigentlich 9 monatigen „Schwangerschaft und Geburt“ bedeutet. Diese Auseinandersetzung mit unserem wahren Sein, mit den Urkräften, die in uns wirken, aber oft unterdrückt werden, ermöglicht es, unser volles Potential zu erkennen und auszuschöpfen. Ich habe mir schon öfters überlegt, was wir mehr tun könnten als „bloss“ zu schreiben. Das Lesen mag unsere Gedanken in eine bestimmte Richtung lenken, wir können vielleicht intellektuell verstehen, was geschieht und warum es passiert. Aber bis zur Verinnerlichung der Prinzipien ist es noch ein weiter Weg. Und hier knüpfen Stefan und Hannes an: Mit Hilfe von Ritualen in einer Männergruppe werden diese Konzepte nicht gelehrt, sondern gelebt. Ziel ist es, all die Facetten des Mann-Seins zu erkennen, bzw. zu fühlen. Am Schluss steht die „Geburt“ des wahren Erwachsenen als „richtiger“ Mann, der sich seinen Dämonen und nicht gelebten Schattenseiten gestellt hat und sie in sein Wesen integriert.
Es ist genau das, was unsere Gesellschaft braucht: Männer, die ihre Verantwortung wahrnehmen, die liebevoll und einfühlsam (Liebhaber) konstruktive Lösungen entwickeln (Magier), diese gezielt und effizient umsetzen (Krieger) zum Wohle des Ganzen (König). Und das Beste: Im ersten Kurs, der im März 2018 startet und seinen Abschluss im Oktober 2018 mit der Vision Quest in der Toscana findet, sind noch Plätze frei…
Hannes und ich haben uns auch darüber unterhalten, weshalb sich Schweizer Männer tendenziell noch ziemlich schwer tun mit der offenen Auseinandersetzung mit den Themen Achtsamkeit, Mannsein, Bewusstsein und ähnlichem. So nehmen es wir beide wahr. In anderen Gesellschaften scheinen Männer offener zu sein, in den USA – jedenfalls in Kalifornien – ist es schon fast ein Modetrend, sich mit mindfulness zu beschäftigen. Mann macht Yoga und meditiert und wird dabei von Unternehmen wie Google oder in Deutschland von SAP aktiv unterstützt. In der Schweiz nehmen es die Männer offenbar „lieber“ in Kauf, in ein Burn-out zu laufen, statt sich mit ihren wahren Wünschen und mit ihrem wahren Selbst zu befassen. Der Prozess der Manngeburt soll aber genau das bringen: Du erkennst deine nicht gelebten Wünsche und unterdrückten Bedürfnisse und du lernst sie gewinnbringend für alle in dein Leben zu integrieren. Oder haben die Männer Angst vor der vermutlich grossen Veränderung in ihrem Leben? Wollen sie lieber unglücklich und gestresst bleiben statt aufzublühen und inneren Frieden zu erlangen? Ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen. Denn das macht doch unser Leben aus: Wir leben unsere Bestimmung und bringen Bewusstsein und Frieden in unser Leben und somit auf diese Erde.
Und eines ist bei all dem klar: es ist wichtig für uns Männer, dass wir uns untereinander mit diesen Themen beschäftigen. Frauen sind bei der Manngeburt nicht dabei, das würde die Energie der Gruppe grundsätzlich verändern. Aber es ist absolut nicht gegen das Weibliche oder die Rolle der Frau in unserem Leben und in unserer Gesellschaft gerichtet. Wir Männer haben da etwas nachzuholen, damit wir als wahre Erwachsene unseren Beitrag an eine wahre Partnerschaft leisten können.