Wahrhaft Mann sein: Männer sind gefordert!
Letzte Woche traf ich mich mit einer Frau zum Kaffee. Angesagt war Austausch über Coaching und allfällige Zusammenarbeit. Sie erzählte mir über ihre bisherigen und geplanten Weiter- und Ausbildungen, einige davon im Bereich von Selbsterfahrung. Irgendwann frage ich nach, ob ihr Mann eigentlich mit all ihren innerlichen und äusserlichen Entwicklung mithalten könne? Sie wird nachdenklich, erzählt, dass sie sich wünsche, mehr mit ihrem Mann über Themen zu sprechen, die nicht nur oberflächlich sind, die in die Tiefe gehen. Ihr Mann sei aber ein Bodenständiger, der nur ganz selten «Sternstunden» habe, in denen er sich ihr öffne und zeige. Aber er sei für sich selber sonst gut im Leben unterwegs.
Ich fuhr nachdenklich nach Hause. Zu gut weiss ich, dass nur selten Partner in ihrem Zusammenleben Entwicklungsschritte gemeinsam machen, Schritte die synchron verlaufen. Das kann schnell zu Komplikationen führen, falls die gemeinsame Kommunikation, das sich Öffnen, Mitteilen und Zumuten nicht zur gemeinsamen Beziehungskultur gehört. Schneller als lieb, kann es sein, dass sich zwei Menschen auch nach vielen Jahren Beziehung voneinander entfernen und einander fremd werden. Bis hin zur Trennung.
Gespräche auf Herzens-Ebene
Ortswechsel ins Tessin: Dort lernte ich im Rahmen einer Weiterbildung eine Frau kennen, die mir beim abendlichen Weingenuss über ihre Unschlüssigkeit erzählte, ob sie nach jahrzehntelanger Ehe ausziehen und ihren Mann verlassen solle. Beim genauen Hinhören vernahm ich, dass sie aufgrund einer Ausbildung innerlich aufwachte und das Bedürfnis hatte, sich mit ihrem Mann nicht mehr nur intellektuell zu unterhalten. Sie sehnte sich nach Gesprächen, die auf Herzens-Ebene stattfinden. Sie fühlte sich innerlich nicht genährt, obwohl äusserlich wie immer alles unverändert perfekt war. Coaching, Bücher und viele Anstrengungen führten nicht zu den Veränderungen, die sie sich von ihrer Beziehung wünschte, nachdem ihr Herz schrie. Ihr Mann verstand beim besten Willen nicht, was sie mit all dem meinte. Sie sah nur noch den Ausweg der Trennung. Ich beobachtete mich selber, wie ich in diesem Gespräch Partei für ihren Mann bezog. Ihr versuchte ihr aufzuzeigen, dass wir Männer nicht von heute auf Morgen in Bewegung kommen, weil wir gar nicht wissen wie und weil uns das niemand gelehrt hatte. Um diese Geschichte abzukürzen: Ihr Mann wollte seine Frau und die gemeinsame Familie auf keinen Fall verlieren. Weil er nur verlieren konnte, entschied er sich als frisch Pensionierter, das Jahres-Training «Manngeburt» zu durchlaufen. Monate später erzählte er an einem Info-Abend, dass diese Erlebnisse und die damit verbundenen Veränderungen etwas vom Besten seien, was er bisher in seinem Leben erfahren hatte. Seine Gattin erzählte mit leuchtenden Augen, dass sie über die tiefgreifenden Veränderungen innerhalb so kurzer Zeit tief erfreut und begeistert sei. Jetzt sei eine ganz neue Art des gemeinsam unterwegs sein und sich mitteilen möglich. Seine Veränderungen übertrugen sich zudem als Wechselwirkung markant und positiv auf seine Frau.
Manager, Macho oder Softie?
Richtiggehend schwierig für uns Männer zu wissen, was die Frauen zum Glücklichsein wirklich brauchen und wollen: Den erfolgreichen Business-Mann mit dem tollen Auto, dem schönen Haus und einem Einkommen, das fast alle Wünsche ermöglicht? Oder doch lieber den gut aussehenden machoiden Mann, den Verführer, den Gigolo, der die Frauen ohne zu Fragen verführt und vernascht? Oder den soften Mann, den Frauen-Versteher der Yoga macht und meditiert und der durch seine Feinfühligkeit genau und sofort spürt, was die Frau und die Beziehung gerade jetzt brauchen, damit es allen blendend geht? Kennst du diese Spannungsfelder auch? Erinnere ich mich an meine Ehe zurück, war dies genau ein Stein, über den ich stolperte, weil ich gar nicht wusste, dass es ihn gibt: Meine Ex-Frau tauchte für längere Zeit in ein Burnout ab, wusste gar nicht genau, was sie suchte, vermisste, sich wünschte. Ich war flott im Beruf unterwegs, dachte, dass sich früher oder später schon wieder alles ergeben würde, so wie bisher immer in meinem Leben. Dann bemerkte ich nicht, dass eine neue, eine andere Frau aus der Burnout-Zeit auftauchte, die sich nach anderen Werte und mehr Tiefe sehnte, die ich ihr gar nicht geben konnte, weil ich sie nicht kannte.
König, Krieger, Magier und Liebhaber
In der Manngeburt lernen die Teilnehmer die für den Mann vier wichtigsten Archetypen kennen: Den König, Krieger, Magier und Liebhaber. Sie lernen viel über die Qualitäten und die Schattenseiten dieser Urgestalten und sie erhalten einen Geschmack darüber, wie es sich anfühlt, in diesen Energien zu sein und anderen Menschen darin zu begegnen. In jedem Mann leben genau diese Archetypen, meistens unterschiedlich gut ausgebildet. Den Männern in den drei Beispielen — mich eingeschlossen — wurde z.B. nicht gelehrt, was es heisst, wahrhafter Liebhaber zu sein: Den eigenen Herzzugang finden, um dann in der Begegnung mit der Partnerin zu spüren, wann Austausch von Herz zu Herz wichtig ist. Gemeinsam in Tiefen abzutauchen, von denen die meisten Männer nicht wissen, dass es sie überhaupt gibt. Viele von uns Männer sind verkopft, wurden durch den Beruf als schnelle Denker geprägt. Das hat mitunter fatale Auswirkungen, bis eben hin zu den eigenen Beziehungen, die plötzlich auf dem Spiel stehen. Falls du Mann bis hierher gelesen hast, kommt jetzt noch eine ganz wichtige Botschaft: Du brauchst vor diesen dir vielleicht heute noch unbekannten Qualitäten keine Angst zu haben! Ein wahrhafter Mann mit Herz ist nicht automatisch Softie. Ein Mann der den Zugang zu seinem Herzen und dadurch zu sich gefunden hat, kann ohne Probleme auch Krieger sein: Sich abgrenzen, Dinge ins rechte Licht rücken, eine Sache verteidigen, für Recht und Erfolg einstehen, er kann beim Fussballspiel bis zum Umfallen kämpfen oder beim Wettkampf alles für den Sieg geben. All das schliesst sich in keiner Weise aus. Der gleiche Mann kann auch spirituell sein, an eine höhere Macht glauben und daraus Kraft und innere Ruhe schöpfen. Und vereint er diese und weitere Eigenschaften, strahlt er eine würdige Königsenergie aus. Solche Männer bringen ihre Partnerinnen zum innerlichen Erstrahlen und äusserlichen Erblühen. Dann, wenn die Frauen ihren Männern jene Eigenschaften zugestehen, die zu den Männern gehören. Auch in dieser Sache stehen wir in einem schwierigen Zeitalter, in dem sich Männer- und Frauenrollen teilweise ungesund vermischen. Wahrhaft Mann sein ist heute eine Kunst, die es für Viele von uns neu zu erlernen gilt.
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